An(ge)dacht - 01. Dezember 2024
Advent ist wie Gefängnis. Das meint zumindest der Theologe Dietrich Bonhoeffer. Er sagt in etwa: Der Advent ist ein wenig so wie eine Gefängniszelle; man wartet und hofft und tut dies oder jenes – nur bleibt die Tür verschlossen. Und geöffnet werden kann sie nur von außen.
Bonhoeffer hatte gute Gründe für seinen Vergleich: Schließlich musste er in besonderer Weise die Erfahrung des Eingesperrt seins erfahren. Aber auch ohne diesen Hintergrund ist der Vergleich mit dem Gefängnis vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn ich an meinem Adventskalender ein Türchen nach dem anderen aufmache, am Adventskranz nacheinander die vier Kerzen entzünde, dann ist das doch irgendwie auch ein bisschen wie „Striche an die Zellenwand machen" und die Tage bis zur ersehnten Entlassung zählen.
Unfreiheit gibt es auch heute. Jeder Krieg ist eine Bedrohung von Freiheit. Wie viele Menschen können nicht dorthin gehen, wohin sie wollen, können nicht frei handeln, sprechen, leben. Wie viele Menschen sind eingeengt in ihrem Denken. Wie vielen Menschen fehlt Weitblick und Freiheit im Tun und Denken.
Advent ist wie Gefängnis. Weil ich nämlich ziemlich schnell erkennen muss: Ich kann mich von meinen Ketten und Fesseln nicht selbst befreien. Ich kann nicht einfach einen Schlüssel nehmen, die Tür öffnen und herausspazieren.
Der Prophet Jesaja verkündet einen Gesalbten, der die zerbrochenen Herzen heilt und den Gefangenen Befreiung verspricht (Jes 61). Dieser Gesalbte ist Christus, auf dessen Kommen wir im Advent warten. Er kommt, nicht um uns einzuengen, sondern um uns frei zu machen: Frei, von unseren Ängsten und Zwängen, von unseren Sorgen und Nöten.
Der Advent steht für die Hoffnung, dass diese Freiheit uns allen gilt. Aus dieser Hoffnung dürfen wir neue Wege gehen, können uns befreien lassen von allem, was uns einengt und gefangen hält. In diesem Sinne wünsche ich uns eine freimachende Adventszeit,
Hubertus Wand, Gemeindereferent