An(ge)dacht - 06. April 2025
Liebe Gemeindemitglieder,
die Verleugnung durch Petrus ist der einzige Abschnitt in der Leidensgeschichte, der bei allen vier Evangelisten den Fokus weg von Jesus hin auf einen seiner Jünger legt. So erfahren wir, dass Petrus dreimal nach seiner Jüngerschaft befragt wird und er Jesus jedes Mal leugnet und bestreitet, ihn überhaupt zu kennen. Der Hahnenschrei lässt ihn selbst seinen Verrat erkennen und erinnert ihn an die sich nun bewahrheitende Voraussage Jesu. Als Einziger beschreibt der Evangelist Lukas, wie sich im gleichen Augenblick die Blicke von Jesus und Petrus treffen: „Da wandte sich der Herr um und blickte Petrus an." (Lk 22,61)
Was glauben Sie, mag das für ein Blick gewesen sein, mit dem Jesus Petrus da anschaute? Verächtlich oder tadelnd? Wütend oder enttäuscht? Oder verständnisvoll und verzeihend, gar ein liebevoller Blick?
Wenn Jesus auf jemanden schaut, dann sieht er mit Gottes Augen. Er schaut mitten ins Herz und erkennt, woran ein Mensch leidet und wonach er sich sehnt. Wo Jesus hinschaut, werden Menschen geheilt, bekommen ihr Augenlicht geschenkt. Jesus öffnet die Augen und lenkt den Blick auf das, was sonst übersehen wird. Von ihm angeschaut, heben Menschen ihren Blick und können ihn anschauen, sich selbst sehen - einander in die Augen schauen.
Fastenzeit ist die Zeit, in der ich mich diesem Blick Jesu aussetze: Mit meinem Vermögen und meinem Versagen, meinem Glauben und meinen Zweifeln, meinem ganzen Sein eben! Und weil ich mich dabei durch Jesu Blick wirklich durchschaut fühle und ich durch diese Augen – immer – voller Liebe angeschaut bin, kann ich morgens in den Spiegel schauen...
Vor Jesu Blick müssen wir uns nicht fürchten: Lassen wir uns in diesen letzten Tagen vor Ostern also von ihm anschauen! Und vielleicht gelingt es uns dann auch selbst, auf uns und den Anderen mit diesen Augen zu sehen.
Eine gesegnete Fastenzeit wünscht Ihnen,
Hubertus Wand
Gemeindereferent